Über 10.000 Ärzte sind inzwischen in über 50 Ärztegenossenschafen organisiert. Weitere Gründungen sind in Vorbereitung. Welche Gründe existieren, die niedergelassenen Ärzte zu Mitglieder von Genossenschaften werden lassen bzw. warum bestehen noch keine entsprechenden Pflegegenossenschaften?

Rasch wird deutlich, dass die freiberuflichen Ärzte ganz unterschiedliche Hilfestellungen und Vorteile durch das eG-Modell erwarten: Schutz ihrer Ziele bei der offensichtlich zunehmenden Schwächung der Kassenärztlichen Vereinigungen, verschiedene wirtschaftliche Vorteile (z.B. im Einkauf), Erhöhung der Kundenkontakte, eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber den Kostenträgern oder Krankenhäusern usw.

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Anders als im ärztlichen Bereich sind freiberuflich – nur in relativ geringem Organisationsgrad arbeitende Pflegende -- bis heute eher die Ausnahme als die Regel der ambulanten (Pflege-) Versorgung. Seine eigene berufliche Tätigkeit und Ausbildung als „Stand“ und Ausgangsposition für eine freiberuflicher Tätigkeit zu erkennen, besitzt keinen Platz in der deutschen Berufstradition der Pflegenden und erscheint offensichtlich den meisten kein wirtschaftlich lohnendes Ziel zu sein. Dies aber ist eine Fehleinschätzung. Dem kooperativen Zusammenschluss freiberuflich arbeitender Pflegender könnte -- bei zielgeleitetem Vorgehen -- leicht ein Teil der ambulanten Versorgung gehören.

Welche Faktoren begünstigen diese Vorhersage:

  • Der Kostendruck bei den Arbeitgebern führt u.a. dazu, dass die Pflegende zugunsten kostengünstigerer Dienstleister ersetzt werden.
  • In der ambulanten Versorgung finden sich neue Mitwettbewerber und Vergütungsformen ein. Auch die Familien werden zusätzlich motiviert.
  • Die integrierten Versorgungsorganisation führt zu neuen Konstellationen des Leistungsgeschehens.
  • Eine neue Pflegegeneration agiert mit stärkeren beruflichen Selbstvertrauen.
  • Das Zusammenwachsen unterschiedlicher Care-Giver-Systeme.

Die ersten Versuche sind gemacht (siehe etwa: pflegegenossenschaft.de). Wichtig ist es für alle Gründunginteressierte die zentrale Zielstellung aller Genossenschaften zu kennen: es ist dies die wirtschaftliche Förderung ihrer Mitglieder. Genossenschaften sind damit keinesfalls per se gemeinnützige oder an sozialen Zielen handelnde Organisationen, sondern Wirtschaftsgemeinschaften.

Die in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft tätigen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparda-Banken stellen eine wesentliche Säule der deutschen Kreditwirtschaft dar. Zugleich gibt es überzeugende Beispiele wie sich Freiberufler erfolgreich in dieser Rechtsform organsieren. So sind nahezu alle deutschen Steuerberater in der datev eG organisiert.

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Welche Vorteile bietet die Gründung einer Pflegegenossenschaft:

  • Die Möglichkeit des Zusammenschlusses der Berufangehörigen z.B. mit dem Ziel der pflegerischen Leistungserbringung in einer bestimmten Region, für eine bestimmte Patientengruppe etc. und dies auch als Mitwettbewerber bestehender Angebote
  • Jeder Pflegende / Jedes Mitglied bleibt „selbständig“, besitzt aber zugleich auf die relevante Entscheidungen der Genossenschaften eine Stimmberechtigung
  • Die Genossenschaft ist ein rechtsfähige Person, die damit das Engagement des einzelnen Mitgliedes schützt.
  • Geringer finanzieller Gründungsaufwand
  • Einfacher Beitritt und Austritt
  • Gemeinsamer Auftritt gegenüber Kunden (z.B. auch den Kassen) und Wettbewerbern.
  • Die Möglichkeit selbständiger Arbeit. Auch in einem zeitlich begrenztem, individuell bestimmten Umfang.

Um eine Pflegegenossenschaft zu gründen ist es notwendig sich mit einem zuständigen Genossenschaftsverband (z.B. genossenschaftsverband.de) in Verbindung zu setzen. Hier bekommt man alle notwendige Unterstützung und Hilfestellung bei deren Gründung.

Auch der Betreib der stationären Pflege ist aus einer Genossenschaft heraus sinnvoll und möglich. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere aufgrund des demographischen Wandels, sich ein Teil der bestehenden Wohnbaugenossenschaften in diese Richtung orientieren werden. Wie anders wollten diese ihren -- immer älter werdenden -- Miterbestand schützen als durch Kooperation und/oder Aufbau eigener pflegerischer Kompetenz. Stichwort: Servicewohnen.

Aber auch bereits bestehende Senioreneinrichtungen haben das Rechtsmodell der eG gewählt. Das genossenschaftlich organisierter Betrieb mit Eigenschaften der “best practice“ und höchster Ergebnisqualität einhergehen kann, zeigt eindrucksvoll das Beispiel des Altkönig-Stifts in Bad Homburg (altkoenig-stift.de) auf.

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von links: Vorstand M. Bonow und Abteilungsleiter V. Kaiser vom Genossenschaftsverband Frankfurt. Dort will man sich noch gezielter als bisher für den Aufbau von Genossenschaften im Gesundheitswesen und auch in der Pflege einsetzen.

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