Im Jahr 2007 hatte eine Studie der International Association for the Study of Obesity (IASO) belegt, dass drei Viertel der erwachsenen Männer und mehr als die Hälfte der erwachsenen Frauen in Deutschland übergewichtig oder fettleibig sind. Damit hatte sich Deutschland zumindest in dieser Disziplin in Europa an die Spitze katapultiert.
Unter anderem, um diesen unrühmlichen Spitzenplatz möglichst bald
wieder abgeben zu können, hat die Bundesregierung im Dezember 2008 den
"Aktionsplan Ernährung" beschlossen. Dazu gehören Kampagnen für die
gezielte Aufklärung über gesunde Ernährung, für besseres Essen in
Kantinen von Betrieben, Schulen und Kindergärten sowie für mehr Sport.
Außerdem sollen die Süßwarenhersteller weniger werben: Die Regierung
will mit der Industrie über einen Verzicht auf Werbung sprechen, die
sich an Kinder unter zwölf Jahren richtet. Verbote sind allerdings
nicht vorgesehen. Auch das immer wieder geforderte Schulpflichtfach
Ernährung ist nicht geplant. Ein entsprechender Vorstoß des
Bundesgesundheitsministeriums im Jahr 2007 war umgehend von den
Kultusministern der Bundesländer zurückgewiesen worden. "In Deutschland
soll ein Umfeld geschaffen werden, in dem ausgewogene Ernährung und
ausreichende Bewegung in allen Lebensbereichen fest verankert sind",
heißt es nun wenig konkret im "Nationalen Aktionsplan Ernährung".
Jetzt haben die Kinderärzte einen erneuten Vorstoß gewagt: Sie fordern
den flächendeckenden Einsatz von Betriebsärzten an Schulen, um der
steigenden Anzahl auffälliger, lernschwacher oder gesundheitlich
beeinträchtigter Kinder und Jugendliche systematisch und noch
frühzeitig genug auf die Spur zu kommen. Zuvor waren im Münsteraner
Modellprojekt "Ärztliche Sprechstunden im Lebensraum Schule" mehr als
6000 Jugendliche an sechs Haupt- und vier Realschulen von Kinderärzten
zwei Jahre lang in der Schule untersucht worden. Der Erfolg: Fast ein
Viertel der Schüler war bereit, sich auf Empfehlung dieser Ärzte zum
niedergelassenen Arzt überweisen zu lassen. Dass nun aber wirklich
flächendeckend Kinderärzte an Schulen eingesetzt werden, ist eher
unwahrscheinlich.