Gestern Abend lief die KIK Story in der ARD. Der NDR hatte sich vor Gericht durchgesetzt und durfte ausstrahlen, welches System sich hinter der Billig-Textilkette verbirgt. Der Beitrag selbst hatte nicht die erwartete Qualität und lag auf KIK Niveau. Die reine Bestandsaufnahme hat mir aber noch einmal vor Augen geführt, dass man nicht müde werden darf, den gesellschaftlichen Diskurs über Werte aufrecht zu erhalten. Ich möchte Sie zu einer Diskussion einladen, die sich mit Werten im Arzt-Patientenverhältnis beschäftigt.

 

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Es klingt zunächst abstrakt. Um es vorweg zu nehmen. Dieser Beitrag zieht keinen Vergleich zwischen der Situation in Praxen und einer Filiale des Textildiscounters.

Mir ist eines wichtig. Deshalb wählte ich das Prefix Appell für diese Beitrag. Das Arzt-Patientenverhältnis ist in keiner Weise mit einer klassischen Kundenbeziehung zwischen Anbieter und Käufer zu vergleichen. Ärzte müssen das bei der Auswahl Ihrer Fortbildungsangebote berücksichtigen, bei der internen Führung und in der persönlichen Diskussion um ein Praxisleitbild. Sie dürfen sich erst gar nicht von fremdartigem Gedankengut beeindrucken lassen. Es gibt Empfehlungen, die den Ärzten, Zahnärzten und Therapeuten nahe legen, Ihre Patienten als Kunden zu betrachten. Noch ist es früh genug.

Früh genug, sich nicht auf derartige Denkweisen einzulassen. Denn das, was wir bei KIK und anderen Textilhandelsunternehmen erleben, die in Fernost produzieren lassen, ist die bösartige Wucherung eines Denkmodells, das wir aufgrund unserer eigenen Historie zu verantworten haben. Mit der Zeit des Wirtschaftswunders, das ich nur aus Erzählungen kenne, entstand eine Wirtschaftsordnung, die ein System förderte, das damals seine Berechtigung fand und heute an seine Grenzen stößt. Ich bin wahrscheinlich zu wenig Wirtschaftswissenschaftler, um das abschließend zu beurteilen. Dennoch. Die Welt hat sich so komplex verändert, dass jeder Mensch seine Rolle in diesem System hinterfragen muss. Und das hängt nicht vom monatlichen Einkommen ab.

Es gibt Rollenverständnisse, die sich, wie im Falle von Herrn Heinig (KIK-Chef) und Konsorten, so definieren, dass Sie vom gesellschaftlichen System eher unterstützt werden. Ich unterstelle Herrn Heinig, wie es im Beitrag auch zur Sprache kommt, dass der in ihm wachsende Stolz über das Erreichte (1,5 Milliarden Umsatz, 3.000 Filialen in Europa) systembedingt gefördert wird. Hier haben wir den klassischen Fall einer systembedingten Persönlichkeitsveränderung. Als Privatmann scheint er nett zu sein. Das beteuert ein ehemaliger KIK Manager. Als Geschäftsmann legt er (und sein Team) eine Skrupelosigkeit an den Tag, die ihm wahrscheinlich gar nicht wirklich bewusst ist. So ein Mensch lebt für mich im Nebel. Durch einen Bericht im TV ändern wir das nicht.
Was können Ärzte und Zahnärzte mit unternehmerischer Verantwortung für Schlüsse ziehen?

Liebe Ärzte und Zahnärzte, die sich heute mit der Positionierung Ihrer Praxis beschäftigen müssen. "Bitte lassen Sie sich nicht von dieser Form, Marketing und Management zu betreiben, anstecken!"

Zu Beginn werden Botschaften aus traditionellem Wirtschaftsdenken ziemlich vernünftig klingen. Kurzfristige Effekte sind auch zu erzielen. Das reine Profitdenken in diesem Ausmaß will ich persönlich aber im Arzt-Patientenverhältnis nicht sehen. Es muss um die Stärkung der Beziehung zwischen Arzt und Patient gehen. Neue Denk- und Vorgehensweisen sind wichtig. Unternehmerisches Denken als Arzt oder Zahnarzt ist gut. Unternehmertum allerdings grenze ich persönlich aus.

Ärzte sollen natürlich nicht nur kostendeckend arbeiten, sondern gemäß einem wirtschftlichen Denken auch Gewinne erzielen. Aber nicht um jeden Preis. Die Ideologie der Ärzte, die ich persönlich nun seit vielen Jahren in persönlichen Gesprächen und durch die Beobachtungen am Markt, studieren durfte, scheint mir in Gefahr, wenn Ärzte und Zahnärzte mit eigener Praxis Empfehlungen annehmen, die Ihre Praxis zum reinen Drehkreuz wirtschaftlicher Interessen machen.

Dabei geht es mir nicht darum, Veränderung aufzuhalten und traditionell gefangen zu bleiben, sondern um das Bestreben, das Arzt-Patientenverhältnis neu zu erfinden. Das gelingt uns natürlich genau so wenig über Nacht, wie das mit anderen Systemen möglich ist. Jeder Praxisinhaber hat jedoch die Chance bei sich selbst zu beginnen und zu hinterfragen, was er tun kann, damit das Arzt-Patientenverhältnis der Zukunft sich weiterhin an den Werten orientiert, die der ärztliche Beruf seit Jahrtausenden mit sich führt. Selbst dann, wenn die Ziele moderner werden und durch nachkommende Generationen weiter geformt werden. Die Richtung ist mir wichtig, damit wir in der Ärzte- und Zahnärzteschaft gar nicht erst in die im KIK-Beitrag dargestellte Schleife kommen.

Nutzen Sie diesen Beitrag, um Ihre Sicht auf die Dinge auszusprechen. Welche Werte legen Sie dem Arzt-Patientenverhältnis zu Grunde? Wie bemühen Sie sich als Arzt oder Zahnarzt, jeden Tag aktiv an Ihren persönlichen Werten zu arbeiten? Welche Werte sind das? Und was glauben Sie bringen die nächsten 5-10 Jahre?

Natürlich bitte ich auch Mitglieder dieser Community zu Wort, die als Patient antworten wollen. Sehr wahrscheinlich haben Sie als Produzent medizinischer Güter und Leistungen außerhalb einer Arztpraxis ebenfalls eine professionelle Meinung.
Wichtiger ist mir aber die Diskussion über Werte im Arzt-Patientenverhältnis.

 

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