In einigen Regionen Russlands geht dem Grundwasser "die Luft aus"! Und dieses Fehlen von Sauerstoff birgt Gefahren: Das Wasser verschmutzt stark mit gesundheitsschädlichen Schwermetallen. Mikrobielle Krankheitserreger finden reichlich Nahrung.
Im Kinderheim Kolosok in Bagrationowsk, im russischen Verwaltungsbezirk Kaliningrad, sind Zeiten, in denen sich Kinder nicht beruhigt waschen oder die Zähne putzen konnten, endgültig Vergangenheit. Erstmals in der Region wurde dort heute eine Trinkwasseraufbereitungsanlage eingeweiht, die einwandfreies Leitungswasser liefert. Auf Initiative des Malteser-Hilfsdienstes (MHD) Alfhausen und des Niedersächsischen Fußballverbandes, fachlich unterstützt vom Rheinisch Westfälischen Institut für Wasserforschung (IWW, Mülheim) wurde die Anlage seiner Bestimmung übergeben. Unterstützt wurde das Projekt mit rund 100.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
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Eigentlich ließen sich die in sauerstofffreiem Grundwasser
auftauchenden Inhaltsstoffe mit herkömmlich erprobten Verfahren in
der Regel gut entfernen, betonte heute DBU-Experte Franz-Peter
Heidenreich anlässlich der Einweihung. Werde ein solches Wasser
allerdings nicht oder nicht genügend aufbereitet in ein
Trinkwasserverteilungssystem eingespeist, bildeten sich dort massive
Ablagerungen aus gesundheitsschädlichen Schwermetallen, die bis in
die Haushalte gelangten. Heidenreich: "Das Wasser ist braun, trüb und
riecht nach faulen Eiern. Auch mit Chlor oder anderen Methoden ist es
häufig nicht desinfizierbar."
Die Ablagerungen verhinderten ein Ausschwemmen einmal
eingetragener hygienischer Verunreinigungen. Das führe dazu, dass
etwa bei einem Rohrbruch eingedrungene Krankheitserreger lange im
Netz blieben und für das Trinkwasser am Zapfhahn eine massive
Gesundheitsgefährdung nie auszuschließen sei. Im Wissen darum sei in
Bagrationowsk den Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und
Altenheimen der Verzehr des Leitungswassers durch die örtliche
Gesundheitsbehörde untersagt und der Bezug von Trinkwasser in
Flaschen angeordnet worden. Sehr stark gefährdet seien eben vor allem
die Kinder in Kinderheimen und Waisenhäusern, da sie sich oftmals
auch durch Verbote nicht vom Trinken des Leitungswassers abhalten
ließen.
Dezentrale Anlagen zur Aufbereitung solcher Wässer, die eine sehr
gute Trinkwasserqualität liefern und deren Trinkwasser deshalb auch
sicher desinfiziert werden kann, seien nicht als Standardlösung in
einer zuverlässigen Ausführung zu erhalten, so Heidenreich. Das
Projekt habe deshalb das Ziel verfolgt, grundsätzlich bewährte
Verfahren zu einem mehrstufigen Aufbereitungssystem zu kombinieren.
Das Wasser werde jetzt so bearbeitet, dass es mikrobiologisch
einwandfrei, vor allem ohne Krankheitserreger sei und die
Trinkwasser-Grenzwerte einhalte. Das Verfahren sollte weiterhin
technisch möglichst einfach sein, keinen dauernden Einsatz von
Chemikalien verlangen, mit geringem Bedienaufwand bei regelmäßiger
Wartung durch eine eingewiesene Person auskommen und mit einer
Absicherung bei Anlagenstörungen versehen sein.
Im Projekt sei für den Modellstandort des Kinderheims aus
Standardbauteilen ein mehrstufiges Filtrationssystem entwickelt und
angepasst worden, in dem zunächst mit mehrfacher Belüftung und
Filtration das Wasser soweit aufbereitet werde, dass es durch
ultraviolettes Licht desinfiziert werden könne. Die
Aufbereitungsanlage sei auf der Basis der bekannten Daten ausgelegt,
gekauft und im Keller des Kinderheims unter Mitwirkung einer
ortsansässigen Wartungsfirma und unter gemeinsamer Kontrolle von IWW,
MHD, lokaler Gesundheitsbehörden sowie der Technischen Universität
Kaliningrad in Betrieb genommen worden. Der MHD könne auf erprobte
ehrenamtliche Helfer zurückgreifen, die regelmäßig in Bagrationowsk
seien und an dem Projekt mitarbeiteten. Seit 1992 würden vom MHD
Alfhausen und Kreisverband des Niedersächsischen Fußball-Verbandes
Hilfsaktionen für Kaliningrad organisiert.