Von den weltweit 308 erfassten Unternehmen der Life Sciences-Branche, die sich die Erkenntnisse der Nanotechnologie zunutze machen, sind 66 Unternehmen in Deutschland angesiedelt. Damit liegt Deutschland hinsichtlich der Anzahl der Unternehmen dieser Branche europaweit an der Spitze.
Mit deutlichem
Abstand folgen Großbritannien (21 Unternehmen), Frankreich (9 Unternehmen) und
die Schweiz (8 Unternehmen). Nur in den USA ist die Entwicklung der jungen
Branche weiter fortgeschritten: Hier arbeiten 140 Life Science-Unternehmen mit
nanotechnologisch geprägten medizinischen Verfahren und Produkten. Zu diesen
Ergebnissen kommt eine Untersuchung der medizinischen Nanotechnologie-Branche
der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Unterstützt wurde
die Studie vom Strategiekreis Nanowelten und dem VDI Technologiezentrum.
Für die Studie wurden sowohl
Nanotechnologie-basierte Unternehmen im engeren Sinn (58 Prozent der
Unternehmen) als auch Unternehmen mit Nanotechnologie-Anwendungen im weiteren
Sinn (42 Prozent der Firmen) definiert. Nanotechnologie-Unternehmen im engeren
Sinn sind Betriebe, die sich durch eine nanotechnologische Kernkompetenz
auszeichnen. Nanotechnologie-Unternehmen im weiteren Sinn sind dadurch
gekennzeichnet, dass sie historisch aus klassischen Biotechnologie-, Pharma
oder Medizintechnikfirmen bestehen und opportunistisch Ansätze aus dem
Nanotechnologiebereich aufgenommen haben.
Im Jahr 2006 waren in Deutschland 515
Mitarbeiter in Nanotechnologie-Unternehmen im engeren Sinn beschäftigt –
auch hier belegt Deutschland im europäischen Vergleich den ersten Platz vor
Italien (357 Beschäftigte) und Frankreich (325 Beschäftigte).
Branche geprägt von
kleinen Unternehmen
Die Nanotechnologie-Unternehmen im engeren
Sinn sind überwiegend relativ klein: Im weltweiten Branchendurchschnitt
beschäftigen 59 Prozent dieser Unternehmen nur bis zu 20 Mitarbeiter, weitere
24 Prozent stellen zwischen 20 und 100 Arbeitsplätze.
In Deutschland
beschäftigen 84 Prozent der Unternehmen bis zu 20 Mitarbeiter (USA: 57 Prozent,
Großbritannien: 75 Prozent, Schweiz: 100 Prozent und Frankreich 50 Prozent).
Weltweit gibt es nur 12 Nanotechnologie-Unternehmen im engeren Sinn, die mehr
als 100 Mitarbeiter haben, keines davon ist in Deutschland angesiedelt.
„Ihre geringe Größe verdeutlicht den noch jungen Entwicklungsstand dieser
Unternehmen“, so Siegfried Bialojan, Leiter des Industriesektors Life
Sciences bei Ernst & Young.
Ein anderes Bild ergibt der Blick auf die
Gruppe der Nanotechnologie-Unternehmen im weiteren Sinn. 22 Prozent von ihnen
beschäftigen mehr als 5000 Mitarbeiter, immerhin noch 16 Prozent von ihnen
stellen zwischen 1000 und 5000 Arbeitsplätzen. Zu diesen Unternehmen gehören
beispielsweise etablierte Pharma- und Medizinkonzerne mit einer sehr breiten
Produktpalette. Nanotechnologische Produkte haben in diesen Unternehmen häufig
nur einen geringen Anteil am gesamten Produktportfolio.
Börsengänge
sind in Europa noch die Ausnahme
Nanotechnologie-Unternehmen im engeren Sinn
sind typischerweise vorwiegend durch Eigenkapital finanziert. Entsprechend
ihrer derzeit noch fehlenden kritischen Masse ist der Gang auf das
Börsenparkett in Deutschland und Europa noch die Ausnahme: In Deutschland sind
nur zwei Unternehmen an der Börse notiert, in Großbritannien sind es ebenfalls
zwei. Anders ist die Situation in den USA: Hier haben immerhin 18 Unternehmen
den Gang auf das Parkett geschafft.
Im Jahr 2006 sind den Nanotechnologie-Unternehmen
im engeren Sinn weltweit 534 Millionen Euro an Eigenkapital zugeflossen. Davon
konnten die wenigen (32) börsennotierten Unternehmen einen Anteil von rund 60
Prozent über IPO, PIPES (Private Investments in Public Equity) und
Wandelanleihen einnehmen. Risikokapital für die Mehrheit der privaten
Unternehmen summierte sich auf lediglich 210 Mio. Euro. „Die Entwicklung
der Finanzierungssituation gleicht der in anderen High-Tech-Branchen, in denen
zunehmend Unternehmen mit fortgeschrittenen Produktentwicklungen den Vorzug bei
Finanzierungsrunden erhalten. Dadurch geraten sehr junge Unternehmen und
Neugründungen häufig in Schwierigkeiten“, kommentiert Nina Dunzweiler,
die Autorin der Studie.
Deutsche
Nanotech-Unternehmen entwickeln europaweit die meisten Produkte
Deutsche Nanotechnologie-Unternehmen haben
europaweit die meisten Nanotechnologie-Produkte für die medizinische Anwendung
entwickelt: Mit 43 Produkten liegt Deutschland deutlich vor England (elf
Produkte) und Frankreich (fünf Produkte). Nur in den USA wurden bislang mehr
Produkte entwickelt (67 Produkte).
Großes
Wachtumspotenzial
Die Umsatzanteile der nanotechnologisch
geprägten Produkte am Gesamtumsatz der Marktsegmente Pharma, Diagnostik und
Medizinprodukte sind aktuell noch gering. „Künftig werden die
Umsatzanteile und damit die Bedeutung der Nanotechnologie in allen drei
Segmenten jedoch deutlich steigen“, prognostiziert Bialojan.
So sei zu erwarten, dass beispielsweise im Bereich der Medizinprodukte der Anteil nanotechnologisch geprägter Produkte am US-Gesamtmarkt von derzeit 0,4 Prozent auf 18 Prozent im Jahr 2021 steigen wird – bei einem gleichzeitigen Wachstum des US-Gesamtmarktes von derzeit 100 Mrd. US-Dollar auf dann 222 Mrd. US-Dollar. „Obwohl die deutsche Nanotech-Branche deutlich jünger und kleiner ist als die US-amerikanische, müssen sich die deutschen Unternehmen international keineswegs verstecken“, urteilt Bialojan. „Der Nanotech-Standort Deutschland profitiert davon, dass Deutschland ein sehr starker Chemie- und Medizintechnik-Standort ist und es eine große Zahl hervorragend ausgebildeter Wissenschaftler und Ingenieure gibt, die die Forschung und Produktentwicklung vorantreiben können. Was nun noch fehlt, ist die Bildung international konkurrenzfähiger Player“, so Bialojan.
{loadposition position-11}