Seiten

Das Barbaraneum in Bochum verzeichnet in den vergangenen Jahren eine Zunahme an Bewohnern, die mit psychischen Erkrankungen bereits vorm Eintritt des Rentenalters auf stationäre Hilfe angewiesen sind. Deshalb widmet sich das Haus verstärkt dem Ansatz der reaktivierenden Pflege: Dabei werden Pflegebedürftige unter Anleitung zurück ins Leben geführt und verloren gegangene Fähigkeiten reaktiviert. Unterstützend dazu richtete das Pflegeheim einen „Wellness“-Raum ein, der jetzt offiziell eröffnet wurde. Behandlungen wie Fußmassagen, Aroma- und Klangtherapien sprechen die Bewohner emotional an und helfen, einen besseren Zugang zu den Pflegebedürftigen zu finden.

Ziel ist es, den Bewohnern durch die Pflege möglichst viel Alltagskompetenz zurückzugeben. Wie erfolgreiche reaktivierende Pflege aussieht, zeigt das Beispiel von Bernhard Kwiatkowski. Der Bewohner des Barbaraneums begrüßt seine Gäste freundlich mit festem Händedruck. In seinem Zimmer hängt ein Poster vom VFL, er witzelt mit Pflegedienstleite- rin Monika Kijek über das letzte Spiel der Bochumer.

{loadposition position-10}

Noch vor zwei Jahren war der 62-Jährige schwer erkrankt, abgemagert und wohnungslos. Er konnte kaum laufen und war geistig verwirrt. Ärzte hatten wenig Hoffnung, dass Bernhard Kwiatkowski noch lange lebt. Dass er heute in so einem guten Zustand ist, verdankt er vor allem dem Ansatz der reaktivierenden Pflege, die in der stationären Betreuung immer mehr an Bedeutung gewinnt, wie Pflegedienstleiterin Monika Kijek vom Meridias-Ruhrstadtpflegehaus Barbaraneum berichtet.


Pflege wandelt sich: Mehr jüngere Bewohner „Die Pflege hat sich gewandelt. Früher kamen vor allem sehr alte Menschen in ein Pflegeheim, heute haben wir immer häufiger Pflegebedürftige mit psychischen Erkrankungen, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben“, sagt Kijek. Diese Personen sind laut ihr oft verwahrlost, drogenabhängig und haben keine Angehörigen, die sich um die Hilfebedürftigen kümmern könnten. Stationäre Pflegeeinrichtungen wie das Barbaraneum nehmen diese Menschen auf und versuchen durch gezielte Therapien, die zusammenfassend als reaktivierende Pflege bezeichnet werden, Pflegebedürftigen wieder auf die Beine zu helfen. „Am Anfang steht dabei die Frage, was will ich heute erreichen, welche Fortschritte möchte ich bei meinen Bewohnern erzielen?“, beschreibt Kijek ihre Arbeit. Die Maßnahmen, die in solchen Fällen ergriffen werden, sind vielfältig: Neben regelmäßiger Krankengymnastik, die den Muskelaufbau fördert, kommen bei einigen Bewohnern auch zahnärztliche Behandlungen zum Einsatz, damit sie besser essen und wieder sprechen können.

Bezugspflege und strukturierter Tagesablauf Am wichtigsten jedoch sind ein strukturierter Tagesablauf und eine Bezugsperson, die sich intensiv um den Menschen kümmert. Kijek erläutert das Konzept: „In der ganzheitlichen Bezugspflege hat eine examinierte Pflegekraft Verantwortung für eine kleine Gruppe von Bewohnern.


Für diese ist es wichtig, wenige Ansprechpartner zu haben, wechselndes Personal ist für den Erfolg der Pflegemaßnahmen hinderlich.“ Daher müssen Übergaben gut geplant und dem Bewohner die Pfleger vertraut sein. So erlange er Sicherheit und Zuversicht. Ganz konkret heißt das, man nimmt sich für Bewohner wie Kwiatkowski viel Zeit und gewöhnt ihn an die Strukturen im Haus. Dadurch kennt das Pflegepersonal die Bedürfnisse besser und kann die Therapien sinnvoll unterstützen. Schritt für Schritt helfen die Pfleger den Bewohnern so zu mehr Selbstständigkeit. Um zu verhaltensauffälligen Bewohner einen besseren Zugang zu erlangen, richtete das Barbaraneum einen kleinen „Wellness-Raum“ ein. In dem mit Fußmassagen, Musik, Kerzen und Düften positive Anreize gegeben werden. Wenn die reaktivierende Pflege Erfolg hat, kommt es sogar vor, dass Bewohner aus dem Pflegeheim ausziehen, beispielsweise in ein betreutes Wohnen.

{loadposition position-11}

Größte Sorge der VFL Fragt man Bernhard Kwiatkowski heute, wie es ihm geht, sagt er: „Gut. Sehr gut.“ Das bestätigt auch das Pflegepersonal. Er sei freundlich und aufgeschlossen, erledige kleine Aufgaben und brauche keine Unterstützung mehr bei der Körperpflege. Und nicht nur das: Für seine Mitbewohner übernimmt er Verantwortung und achtet darauf, dass sie nicht stürzen. „Er hat hier das Zuhause-Gefühl“, sagt Pflegedienstleiterin Kijek. Sorgen bereiten ihm momentan vor allem die Fußballer des VFL. „Willst du Bochum oben sehen, musst du die Tabelle drehen“, sagt Kwiatkowski mit einem Lachen und zeigt auf das Poster an der Wand.

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv