Mit dem Vorschlag, gesetzlichen Krankenkassen einen eigenen Etat für Forschung und Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte einzuräumen, ist das Beratungsunternehmen Hildebrandt GesundheitsConsult (HGC) an die Öffentlichkeit getreten. „Am 31. Dezember 2008 wird die Anschubfinanzierung für die so genannte Integrierte Versorgung (IV) endgültig auslaufen, damit ist den Kassen die Möglichkeit genommen, für neue Kooperationsprojekte mit Krankenhäusern und Ärzten über Investitionsgelder zu verfügen“, begründete HGC-Geschäftsführer Helmut Hildebrandt am Dienstag in Berlin seinen Vorschlag.

Die Anschubfinanzierung in der Integrierten Versorgung – abgezweigt mit jeweils einem Prozent aus den Budgets der ambulanten und der stationären Versorgung – habe in weniger als fünf Jahren über 5100 Projekte für neue Kooperationsformen zwischen Kassen, Ärzten, Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen ins Leben gerufen. „Unsere Erkenntnis aus einer ausführlichen Befragung mehrerer hundert Gesundheitsakteure ist es, dass dieses Potential ist akut gefährdet, wenn es unter Fonds- Bedingungen keine ‚freien’ Investitionsmittel für Kassen mehr gibt,“ erläutert Hildebrandt. „Unser Vorschlag ist es daher, die einprozentige IV-Anschubfinanzierung in einen Sonderetat umzuwandeln, mit dem die Kassen – natürlich mit der Pflicht zur Evaluierung – neue Versorgungsansätze initiieren und anfänglich finanzieren können.“

Der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Jürgen Wasem von der Universität Duisburg/Essen unterstützt die Pläne des Beratungsunternehmens: „F&E für Versorgungs- und Systeminnovationen im Gesundheitswesen sind ein wichtiges Zukunftsthema. Insofern ist es zu begrüßen, dass die Hildebrandt GesundheitsConsult einen Vorstoß zu ihrer Stärkung unternimmt,“ betonte Wasem in der Berliner Pressekonferenz. Ausdrücklich begrüßt der Gesundheitsökonom die von Hildebrandt vorgesehene Verpflichtung der Kassen zum transparenten Umgang mit den Innovationsmitteln. Dies sei in einem stärker wettbewerbsorientierten System unerlässlich, um den Versicherten informierte Kassenwahlentscheidungen zu ermöglichen. Skeptisch steht Wasem allerdings der verpflichtenden Einführung einer „Pay-For-Performance“-Vergütung gegenüber, da Selektivverträge so weit wie möglich der Ausgestaltung im Wettbewerb überlassen werden sollten: „Wenn die Vertragspartner es als sinnvoll ansehen, hierbei Elemente von Pay-For- Performance vorzusehen, werden sie dies tun“, so Wasem.

Für Rolf Stuppardt, Vorstandsvorsitzenden des IKK-Bundesverbandes, sind „Überlegungen zur Beförderung von Maßnahmen der Versorgungsinnovationen – wie sie z.B. von HGC vorgestellt werden – dringend erforderlich und notwendig.“ Fraglich sei aber, ob ein F&E-Budget für Krankenkassen die alleinige Lösung sein könne, da nicht ausschließlich die Solidargemeinschaften für das Investment in gesundheits- und gesellschaftspolitisch notwendige Entwicklungen gerade zu stehen haben. „Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationspolitik sind übergreifende unternehmerische wie gesellschaftspolitische Herausforderungen. Deshalb ist es erforderlich, eine praxisbezogene Innovationsplattform bestehend aus Krankenkassen, Medizin (ambulanter und stationärer Leistungssektor), industrieller Gesundheitswirtschaft und Wissenschaft zu installieren, die Innovationen auf der Produkt-, Leistungs-, Verfahrens- und Strukturebene im Rahmen eines nachhaltigen Innovationsmanagements befördert und somit zu einer induktiven Entwicklung einer neuen Innovationskultur beiträgt.“

Robert Paquet, Leiter des Berliner Büros des BKK-Bundesverbandes, steht dem Hildebrandt-Vorschlag vor allem vor dem Hintergrund wachsender Sparzwänge der Kassen unter Fondsbedingungen positiv gegenüber: „Dass die finanzielle Neuordnung des Systems zu Qualitätsproblemen führen kann und dass damit bestimmte Innovationen gar nicht mehr zum Zuge kommen können, ist evident,“ so Paquet. Der Zeitpunkt für den HGC-Denkanstoß sei insofern bestens gewählt. Paquet warnt allerdings vor bürokratischen Hürden bei der Verwaltung des vorgeschlagenen F&E-Etats: „Hier muss noch intensiv darüber nachgedacht werden, wie die Verwaltung dieses Etats im Wettbewerb der Kassen untereinander gerecht, transparent und unbürokratisch gewährleistet werden kann.“

Zufrieden mit den Anregungen der Podiumsteilnehmer zeigte sich der HGC-Geschäftsführer: „Es geht uns nicht darum, mit unserem Vorschlag den endgültigen Stein der Weisen gefunden zu haben. Wir wollten vielmehr eine Diskussion um ein bislang ungelöstes Problem in der Gesetzlichen Krankenversicherung anstoßen. Das ist uns mit unserem Innovations- Papier zur GKV-Finanzierung gelungen,“ so Hildebrandt abschließend.

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