Genossenschaftsmodell

Die Rechtsform der Genossenschaft (eG) beansprucht ihren Platz im Gesundheitswesen. Es sind die Ärzte- und Heilberufsgenossenschaften, die inzwischen von Parallelorganisationen der KVen zu regional oder funktionsbezogen Akteuren wurden.


Foto: Genossenschaftsverbands FrankfurtGenossenschaftsverband Frankfurt: Am Mittwoch, den 22.11.2006, fand in Kooperation mit der Andramedos eG, die Tagung „Regionale Gesundheitsversorgung aktiv gestalten“ statt. Ziel der gut besuchten Veranstaltung in Neu-Isenburg war es, Informationen über den Status quo des Gesundheitswesens zu vermitteln, Trends aufzuzeigen, Anregungen für neue Dienstleistungsideen zu geben und konkrete Tipps und Empfehlungen für das Marketing und die Kundenakquise zu entwickeln.

gesundheitswirtschaft.info: Wo sehen Sie die wichtigsten Veränderungsimpulse im Bereich der regionalen Versorgungsentwicklung?

Die wichtigsten Veränderungen sehe ich darin, dass wir die Ärzteschaft davon überzeugen, dass Sie sich betriebswirtschaftlich anders ausrichten müssen. Bisher waren Ärzte stark geprägt vom klassischen berufsständischen Denken, der Zusammenarbeit mit den KVen und das Thema Betriebswirtschaft war nur im Bereich der Praxen relevant. Wir wollen gerne die Ärzte davon überzeugen, dass Sie sich auf Ihre Kernfunktionen beschränken und für alles andere, was der Patient nicht sieht - wie Backoffice-Aufgaben - sollten industrielle Geschäftsprozesse generierte werden. Diese Backoffice-Aufgaben wollen wir durch Kooperationen anbieten, dies ist ja auch die Idee einer Genossenschaft. Es ist jedoch darauf zu achten, dass einerseits keine Konzernstrukturen entstehen, andererseits die regionale Verbindung erhalten bleibt - die Bank hat hier eine wichtige Position zu vertreten.

gesundheitswirtschaft.info: Was wollen Sie in der nächsten Zeit anpacken und was könnten die Genossenschaften hier insgesamt leisten?

Wir haben bereits erfolgreiche Genossenschaften mit unterschiedlichen Strukturen wie die WEGE und GoLu. Dies sind örtlich induzierte Genossenschaften. Auf der anderen Seite haben wir auch hessenweite Genossenschaft, die auch in Thüringen tätig sind. Wir müssen über die punktuelle und regionale Betrachtung hinaus um Skaleneffekte zu schaffen. Wir müssen es also schaffen, alle Player in der Wertschöpfungskette zusammenzubringen.

gesundheitswirtschaft.info: … und was könnten die Genossenschaften hier insgesamt leisten bzw. wo sehen Sie die Vorteile zu anderen Organisationsformen?

Die wichtigsten Vorteile sind: Eine Genossenschaft ist eine Non-Profit-Organisation. Die Genossenschaft selbst strebt nicht nach Gewinnen an sich, sondern braucht nur so viel, dass die Backoffice-Kosten gedeckt sind. Der Arzt wiederum braucht kein Backoffice, dafür hat er ja die Genossenschaft, welche ihn entlastet. Zusätzlich sind Genossenschaften demokratisch organisiert, und somit hat auch jeder Arzt ein Mitspracherecht, und zwar immer pro Kopf eine Stimme, also kein Stimmrecht nach Kapitalanteilen. Weiterhin verfügt jede Genossenschaft über eine Satzung und ist Mitglied in einem Prüfungsverband. Dieser führt die genossenschaftliche Pflichtprüfung durch, was auch zur Qualitätsicherung beiträgt.

gesundheitswirtschaft.info: Vielen Dank Herr Bonow für das Interview!



Foto: gesundheitswirtschaft.info 
Martin Bonow
Vorstand des Genossenschaftsverbands Frankfurt

gesundheitswirtschaft.info: Wo sehen Sie die wichtigsten Veränderungsimpulse im Bereich der regionalen Versorgungsentwicklung?

Die Veränderungen liegen in erster Linie in der Öffnung der Sektorengrenzen. Dies zeigt ja gut die heutige Fachtagung, wo die einzelnen Berufsgruppen oder Anbieter klar über Ihre bisherigen Tätigkeitsfelder hinaus prüfen, welche neuen Leistungen und Angebote in welcher Form erbracht bzw. am Markt platziert werden können. Ebenfalls spielt hier die Vernetzung unter den einzelnen Akteuren am Markt eine entscheidende Rolle.

gesundheitswirtschaft.info: Es geht also um Markterschließung. Was wollen Sie in der nächsten Zeit anpacken?

Wir als Schwesternverband sind gerade dabei Konzepte zu entwickeln, welche uns als 360-Grad-Anbieter am Markt erscheinen lassen. Wir wollen eben den potenziellen Kunden sehr früh kennenlernen und Angebote machen, also auch schon zu einer Zeit, wo er vielleicht noch gar nicht mit der Pflege in Kontakt kommt oder kommen will. Also durch Informationen, Kommunikation und kluge Kooperationen mit Vereinen, Gemeinden oder bürgschaftlichen Organisationen, um einfacher den Kontakt herzustellen zu können, wenn der Bedarf entsteht.

gesundheitswirtschaft.info: Sie haben also stärker den Kunden als Nachfrager nach Leistungen im Blick?

Richtig, dies können fachliche Nachfragen sein bis hin zu den pflegerischen Leistungen. Das betreute Wohnen ist z.B. ein wesentlicher Aspekt, aber auch neue Wohnformen die gestaltet werden müssen, denn ohne die werden wir den Bedarf der Zukunft sicher nicht decken können.

gesundheitswirtschaft.info: … und was könnten Genossenschaften hier leisten – Sie sind ja auch Gründungsmitglied in der Andramedos eG?

Ich bin überzeugt, dass sich vermehrt Genossenschaften gründen werden im erweiterten Umfeld Gesundheit, Pflege medizinische Versorgung - es ist ein sehr gutes Model, da es geringe organisatorische Rahmenbedingungen erfordert und dazu schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand umsetzbar ist.

gesundheitswirtschaft.info: Vielen Dank Herr Busche für das Interview!



Foto: gesundheitswirtschaft.info 
Winfried Busche
 
Vorstandsvorsitzender Saar-
ländischer Schwesternverband e.V.

Empfang Fachtagung


Martin Bonow
  Vorstand Genossenschaftsverband Frankfurt


Jörg Bork
R+V Krankenversicherung AG



Dr. Michael Peters
Vorstand WEGE


Dr. Joachim Wagner
Vorstand GoLu


Heike Hatzmann
Vorstand Naturavital AG





Dr. Elke Pflüger & Prof. Wolfgang Harbrecht
Universität Erlangen-Nürnberg


Dr. Größer & Axel Mohr



Dr. Schnickschnack &
Volkmar Kaiser - Genossenschaftsverband Frankfurt


Dr. Wolfgang George
Vorstand Andramedos





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